Offener Brief zur Diskriminierung Ungeimpfte, vom MdL und MdK Thomas Prantl an Herrn Landrat Vogel
Landratsamt Erzgebirgskreis Annaberg-Buchholz, 04.11.2021
Herrn Landrat Frank Vogel
Paulus-Jenisius-Straße 24
09456 Annaberg-Buchholz
Offener Brief – Gesellschaftliche Spaltung abwenden, geplantem Lockdown und massiver Ausgrenzung
von ungeimpften Erzgebirgern und Sachsen gemeinsam entgegentreten!
Sehr geehrter Herr Landrat Vogel,
hätte man mir vor zwei Jahren kurz nach der Landtagswahl 2019 erzählt, dass die neue sächsische
Staatsregierung aus CDU-Bündnis90/Grüne und SPD den Sächsischen Landtag als Gesetzgeber und
höchste Volksvertretung fast 24 Monate lang aushebeln und eine bisher nie dagewesene Spaltung
unserer Gesellschaft initiieren und immer stärker vorantreiben wird, ich hätte ihn oder sie für verrückt gehalten.
Rückblickend bewahrheiten sich leider immer wieder Aussagen und Vorhersagen, welche vor
wenigen Wochen und Monaten noch als „Verschwörungstheorien“ galten. Mit unglaublichem Tempo
werden Grund- und Freiheitsrechte, welche die Generation meiner Eltern und Großeltern für meine
Generation mühselig und mutig erkämpft hat, angegriffen und eingeschränkt. Mit der geplanten Corona-Schutzverordnung,
welche ab 08.11.2021 in Kraft treten soll, manifestiert die Sächsische Staatsregierung eine gesellschaftliche Spaltung,
die kaum in Worte zu fassen ist. Die sogenannte 2G-Regel formuliert Verbote, die ungeeignet sind,
Infektionen zu verhindern. Das 2 G-Modell verstößt gegen das Verhältnismäßigkeitsprinzip und ist verfassungswidrig.
Anstatt nach 20 Monaten Ausnahmezustand endlich wissenschaftliche Nachweise zur Wirksamkeit der
Einschränkungen vorzulegen, verschärft die CDU-geführte Staatsregierung Zug um Zug ihre rigiden Grundrechtseinschränkungen.
Eine Abschätzung der Kollateralschäden für die Wirtschaft, für den Handel, den sozialen Frieden, unsere
Kommunen oder für die körperliche und seelische Gesundheit der Bürger fehlt ebenfalls. Nach 20
Monaten Ausnahmezustand fehlen immer noch grundlegende Erkenntnisse dazu, ob die Ge- und
Verbote überhaupt geeignet und erforderlich sind, ein Infektionsgeschehen zu reduzieren oder
Gesundheitseinrichtungen vor Überlastung zu schützen. Die bei staatlichen Grundrechtseingriffen
zwingend erforderliche Abwägung von Nutzen und Schaden erfolgt nach wie vor nicht.
All dies darf es in einem demokratischen Rechtsstaat nicht geben!
Bürger, welche sich bisher individuell und frei gegen eine Corona-Schutzimpfung entschieden haben,
werden ab der kommenden Woche wie im Mittelalter als „Aussätzige“ bzw. „Pestkranke“ behandelt,
indem sie weitestgehend vom gesellschaftlichen Leben ausgeschlossen werden. Dies gilt nicht nur für die
Nutzung von Angeboten in Innenräumen, wie Schwimmbäder, Museen oder Konzerthallen, sondern
eben auch für Weihnachtsmärkte mit hohem Besucherandrang – gerade in den großen, historischen Städten.
Für Annaberg-Buchholz kann die beliebte Bergparade genauso betroffen sein wie alle traditionellen Weihnachtsmärkte im Erzgebirge.
Gleiches gilt für die Gastronomie – quasi ab der Martinsgans nur noch Zutritt für Geimpfte und Genese!
Der nachweislich gesunde Bürger wird ausgeschlossen und ausgegrenzt. Es werden tiefe Risse durch
Familien, Betriebe und die Gesellschaft gehen. Zudem steigt die Gefahr einer erneuten wirtschaftlichen
Schieflage von Unternehmen und Einrichtungen, weil die Gäste und Touristen zum Teil ausbleiben oder
die Planungssicherheit nicht mehr vorhanden ist. Mittlerweile ist wissenschaftlich bestätigt, dass
Geimpfte und Genesene sich sowohl mit SARS-CoV-2 infizieren als auch das Virus weitergeben können.
Mit der Tatsache, dass infizierte Geimpfte das Virus weitergeben können – diese jedoch nicht getestet
werden müssen – setzen sie insbesondere Risikogruppen bspw. in Alten- und Pflegeheimen einer
unentdeckten, hohen Gefahr aus. Der Anspruch an die Corona-Schutzimpfung ist es nicht, eine Infektion
zu unterbinden, sondern sie sollte den Geimpften lediglich vor einem schweren Verlauf oder dem Tod
schützen. Die Impfung dient damit nur dem Eigenschutz, nicht dem Schutz Anderer und ist somit eine
freiwillige, höchstpersönliche Entscheidung. Geimpfte und Genese als potentielle SARS-CoV-2-Überträger
auszuschließen war und ist politisch töricht und ein grober gesundheitspolitischer Fehler.
Zudem fehlt eine verwertbare Datenbasis, denn so ist zum Beispiel der Anteil der bisher unerkannten
SARS-CoV-2 Infektionen in der Bevölkerung scheinbar deutlich höher als der Anteil der offiziell
gemeldeten Infektionen. In einer deutschlandweit durchgeführten Antikörperstudie wurden Proben von
Blutspendern untersucht. Nach der dritten Welle im April 2021 stieg die Häufigkeit SARS-CoV-2-
spezifischer Antikörper auf insgesamt 17,3 Prozent (siehe Quellenangabe) . Auf die Bevölkerung
zwischen 18 und 74 Jahren gerechnet, gab es demnach mehr als doppelt so viele unentdeckte
Infektionen. Diese Tatsache spricht eindeutig dafür, dass es wohl weit mehr sogenannte „Genesene“ in
der Bevölkerung gibt, als bisher durch einen PCR-Test bestätigt.
Mit diesem Wissen gibt es keine wissenschaftlich schlüssige Begründung, warum Personen, die
unwissentlich bereits eine Infektion durchgemacht haben, aber bspw. keinen PCR-Nachweis erbringen
können von sogenannten nachweislich Genesenen unterschieden werden sollen. Somit ist eine „2G“-
Regelung wissenschaftlich nicht nachvollziehbar und höchstens eine politische Machtdemonstration.
Sehr geehrter Herr Landrat Vogel, sind Sie in die Politik gegangen, um derartig verfassungswidriges
Handeln der Regierung einfach hinzunehmen? Können wir als direkt gewählte Volksvertreter diese
andauernde Unverhältnismäßigkeit einfach schweigend hinnehmen? Ist es nicht an der Zeit und auch
unsere Pflicht, dieser gesellschaftlichen Spaltung entgegenzuwirken und nach außen hin deutlich
wahrnehmbar der Demokratie wieder Leben einzuhauchen und den gedemütigten Bürgern endlich
wieder eine starke Stimme zu geben?
Natürlich sind Sie und ich frei in unserem Mandat.
Ich möchte Sie jedoch ermutigen diesem Handeln der Staatsregierung in Dresden nicht tatenlos
zuzusehen. Viele Erzgebirge über 18 Jahren haben sich aus welchen Gründen auch immer bisher nicht für
eine Impfung entschieden. Sollen diese Menschen und zusätzlich deren Kinder ab nächster Woche vom
gesellschaftlichen Leben ausgeschlossen werden? Ich sage, dass kann und darf nicht sein - das
widerspricht unseren demokratischen Grundwerten und unserer sächsischen Verfassung!
Sehr geehrter Herr Landrat Vogel, zeigen Sie den gleichen Mut wie Ihr Amtskollege Harig aus Bautzen,
die Regierung für diesen verfehlten Weg öffentlich zu kritisieren und eine Abkehr von der massiven
Ungleichbehandlung Ungeimpfter nachdrücklich einzufordern.
Da die Zeit drängt, wähle ich den Weg eines offenen Briefes.
Lassen Sie uns parteiübergreifend als Vertreter der Erzgebirger zusammenstehen! Lassen Sie uns dieser
Spaltung der Gesellschaft gemeinsam entschieden entgegentreten! Lassen Sie uns geschlossen für
Einigkeit und Recht und Freiheit aller Erzgebirger einstehen und eine sofortige Aufhebung der
gesellschaftsspaltenden Verordnungspolitik der Sächsischen Staatsregierung einfordern!
Mit freundlichen Grüßen
Thomas Prantl (MdL / MdK)
Quelle